Mehr Rechtssicherheit beim Betriebsübergang


Für mehr Transparenz und Rechtssicherheit beim Betriebsübergang soll eine Ergänzung des § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sorgen, die am 1. April 2002 in Kraft getreten ist (Artikel 4 und 5 des Gesetzes zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23. März 2002, Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 21 S. 1163):

Die Ergänzung von § 613a BGB knüpft an die aktualisierte europäischen Betriebsübergangsrichtlinie (Richtlinie des Rates 2001/23/EG) an. Danach müssen die Arbeitnehmer künftig über die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf ihr Arbeitsverhältnis (besser als bisher) informiert werden. Ausdrücklich im Gesetz verankert wurde nunmehr auch das bereits von der Rechtsprechung anerkannte Recht des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber zu widersprechen.

Bisher lautete
§ 613a BGB:
"Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.  
(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.  
(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt. 
(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt."

Die Bestimmung wurde jetzt ergänzt.

Danach sind der bisherige und der neue Betriebsinhaber verpflichtet, die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer über Zeitpunkt und Grund des Übergangs, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs sowie über die für die Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu informieren. Die Unterrichtungspflicht gilt gegenüber allen von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern. Die Größe des Betriebes spielt hierbei keine Rolle. Die Pflicht gilt auch unabhängig davon, ob auch der Betriebsrat über den Betriebsübergang informiert werden muss. 

Die Unterrichtung hat „in Textform“ zu erfolgen. Das bedeutet, dass sie in Schriftzeichen lesbar sein muss, aber nicht der eigenhändigen Unterschrift bedarf. Der Arbeitgeber kann die Mitteilung also auch als Kopie, Telefax oder E-Mail übermitteln. 

Ausdrücklich normiert ist jetzt das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers.
Er kann dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber widersprechen. Dieses Recht ist vom Bundesarbeitsgericht und vom Europäischen Gerichtshof seit langem anerkannt. Im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist das Widerspruchsrecht nun im § 613a Abs. 6 BGB ausdrücklich geregelt. Widerspricht der Arbeitnehmer, geht das Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Betriebsinhaber über, sondern besteht mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter. Dies kann allerdings zur Konsequenz haben, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz letztlich verliert, wenn er im bisherigen Unternehmen nicht weiter beschäftigt werden kann. Die neue Regelung räumt dem Arbeitnehmer deshalb eine Widerspruchsfrist von einem Monat ein. Die Widerspruchsfrist beginnt, wenn der Arbeitnehmer vom bisherigen oder vom neuen Arbeitgeber vollständig über den Betriebsübergang unterrichtet worden ist. Der Arbeitnehmer kann den Widerspruch wahlweise gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Betriebsinhaber erklären. Er muss in jedem Fall schriftlich widersprechen. Das verhindert Missverständnisse und schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten.

Die neuen Regelungen des § 613a Abs. 5 und 6 BGB gelten auch im Falle einer Unternehmensumwandlung (Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung, § 324 Umwandlungsgesetz).

Der Wortlauf der Gesetzesergänzung lautet:

"(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:  
1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Betriebsübergangs,
2. den Grund für den Übergang,
3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden."

 

Hierzu sind in 2006 zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ergangen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in diesen Entscheidungen klargestellt, dass eine unzureichende Unterrichtung des Arbeitnehmers im Sinne von § 613 a Absatz 5 BGB die Widerspruchsfrist des § 613 a Absatz 6 BGB nicht in Gang setzt. Arbeitnehmer sind daher auch noch deutlich später als einen Monat nach erfolgtem Betriebsübergang berechtigt, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber zu widersprechen, wenn die Belehrung gemäß § 613 a Absatz 5 BGB unzureichend war (Entscheidungen vom 14.12.2006 – 8 AZR 763/05 – und vom 13..07.2006 – 8 AZR 305/05; siehe auch hier in dieser Homepage unter „Rechtsservice“ und dort unter „Urteile“).


 

 

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Betriebsübergang

 


Was ist ein Betriebsübergang?

Nach Artikel 1 I a der Richtlinie der EG 2001/23 versteht man unter einem Betriebsübergang den "Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisatorischen Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit".

Diese wirtschaftliche Einheit muss eine funktionsfähige arbeitstechnische Organisationseinheit sein.